Strategisches Logistikmanagement
Die Strategische Gestaltung von Logistikketten erschließt nachhaltige Potentiale im globalen Wettbewerb


Logistik im Spannungsfeld zwischen Transport und Supply Chain Management

Die Logistik entwickelt sich seit den frühen 90'er Jahren bis in die heutige Zeit in vielen Unternehmen zu einer wichtigen Managementfunktion und steht heute gleichermaßen im Blickfeld von Unternehmensleitung, Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern. Als klassische Querschnittsfunktion verbindet die Logistik interne Funktionen und Bereiche im Unternehmen und bildet darüber hinaus Schnittstellen zu externen Kunden und Lieferanten. Die großen Fortschritte in der Informationstechnologie in den vergangenen Jahren rückten dabei, neben den klassischen Materialflüssen, insbesondere die Organisation und Steuerung von Informationsflüssen immer stärker in den Fokus der Logistik. Dieses wertschöpfungsstufenübergreifende Management von Informationsflüssen, mit dem Ziel der optimalen Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette vom Rohmaterial bis zum Endkunden, definiert die seit dem Ende des 90’er Jahre gebräuchliche Bezeichnung „Supply Chain Management“.


Moderne Logistiksysteme beinhalten Strategien für Material- & Informationsflüsse

Dennoch vollzog sich in der Logistik kein grundsätzlicher struktureller Wandel der Aufgabengebiete in dem Sinne, dass bestehende Aufgaben durch neue substituiert wurden. Vielmehr erweiterten sich die Verantwortungsbereiche kontinuierlich von einzelnen, kaum zusammenhängenden stark abgegrenzten Tätigkeiten, wie beispielsweise dem Lagermanagement, oder dem innerbetrieblichen Transportwesen, auf das organisieren und steuern durchgängiger und funktionsübergreifender Geschäftsprozesse. Zielsetzung dieses logistischen Prozessmanagements, welches auch das Management der Informationstechnologie zwingend beinhalten sollte, ist die kosteneffiziente Organisation, Steuerung und kontinuierliche Optimierung sämtlicher Informations- und Materialflüsse innerhalb des Unternehmens, sowie an den Schnittstellen zu Kunden und Lieferanten. Grundgedanke dieser tiefgreifenden Neudefinition der Logistik ist die Erkenntnis, dass nur bei ganzheitlicher und neutraler Betrachtung der Prozesskette, Optimierungen im Sinne eines Gesamtoptimums für die an der Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen erreicht werden können.


Organisatorische Abgrenzungsprobleme der Logistik

Es liegt auf der Hand, dass die wachsende Verantwortung, sowie die damit einhergehende zunehmende Bedeutung der Logistik in der Praxis in vielen Unternehmen nicht ohne Folgen blieben. Schließlich bedeutet die Bündelung der logistischen Gesamtverantwortung in einer Funktion nichts anderes, als das organisatorische Herauslösen der entsprechenden Aufgaben und Verantwortungen aus den bisher verantwortlichen Funktionsbereichen. In der Praxis führten entsprechende organisatorisch-politische Konflikte deshalb in vielen Unternehmen dazu, dass der durchgängige logistische Gesamtprozess noch heute weitestgehend auf mehrere Funktionen verteilt ist. Dies auch auf Grund der Tatsache, dass Mitte der 80'er Jahre in vielen Unternehmen oftmals noch keine organisatorischen Logistikfunktionen existierten.

Funktionale Inseln verhindern optimale Waren- und Informations-ströme

Zusätzliche logistische Anforderungen und neue Entwicklungen wurden deshalb, konsequenterweise, zunächst von bereits etablierten Funktionsbereichen, wie beispielsweise der Materialwirtschaft bei Lagerhaltungs- bzw. dem Einkauf bei lieferantenspezifischen Problemen, oder den Produktionsbereichen bei Themen, welche die Versorgung der Produktion mit Material betrafen, aufgenommen und operativ umgesetzt. Als später in vielen Unternehmen erste Logistikbereiche geschaffen wurden, waren diese, auf Grund des in den 90’er Jahren bestehenden Trends zu dezentralen Organisationsformen, oft standort- und/oder Produktbereichsbezogen und bildeten daher nur in seltenen Fällen die gesamte Lieferkette durchgehend ab. Logistische Aufgaben werden aus diesen Gründen auch heute noch in vielen Unternehmen in unterschiedlichen Bereichen und Funktionen wahrgenommen. Eine bereichs- und standortübergreifende Organisation, Koordination und Optimierung der Logistik findet dagegen nur in wenigen Unternehmen statt und ist in diesen Fällen oftmals einer Managementfunktion zugeordnet, welche sich dann zeitbedingt auf das strategische Logistikcontrolling und –Management beschränken muss.


Beispiel: Unterschiedliche Organisation der Logistikketten in Unternehmen

Bezüglich der logistischen Organisationsstruktur ergibt sich daher sowohl zwischen Unternehmen innerhalb einer Branche, als auch branchenübergreifend ein sehr uneinheitliches Bild. Logistikprozesse und -Funktionen, welche im einen Unternehmen beispielsweise in Einkauf und Produktion abgebildet sind, werden wiederum im anderen Unternehmen von einem eigenen Logistikbereich abgewickelt. Wieder andere Unternehmen fassen einen Großteil der logistischen Prozesse in der klassischen Materialwirtschaft zusammen, oder haben in der jüngsten Vergangenheit zumindest die informations- und planungsbezogenen Prozesse in einem Supply Chain Management Bereich gebündelt.


Analog gestalten sich auch die logistischen Prozesse in den Unternehmen oftmals sehr uneinheitlich und inhomogen, da diese in der Praxis in den meisten Fällen ein schlichtes Spiegelbild der bestehenden Organisationsstruktur darstellen. Diese Fragmentierung, sowie die fehlende Integration der Logistikprozesse mit angrenzenden Funktionen und Prozessen, bereiten bereits heute in vielen Unternehmen operative und strategische Probleme und führen dazu, dass mögliche Einsparungspotentiale, Differenzierungsmöglichkeiten oder Kundenanforderungen nicht genutzt bzw. umgesetzt werden können. Darüber hinaus entstehen durch suboptimale Logistikprozesse indirekte Folgekosten in der Logistik selbst, sowie in angrenzenden Funktionsbereichen wie der Produktion, der Qualität, dem Einkauf, dem Vertrieb und der IT. Oftmals können in den genannten Bereichen Einsparungen und Optimierungen gerade deshalb nicht umgesetzt werden, weil die fehlende Abstimmung der Logistikteilprozesse untereinander und somit der Schnittstellen zu angrenzenden Funktionen dort Aufwände verursachen, welche durch zusätzliche Aufwände in den jeweiligen Bereichen abgefangen werden müssen.


Moderne Logistikorganisation gewährleistet durchgängige Prozesse und Systeme

Dabei ist die Entwicklung der Logistik in der betrieblichen Praxis vieler Unternehmen heute noch längst nicht abgeschlossen. Modernste Logistikkonzepte werden zwar in vielen Bereichen und Branchen bereits seit vielen Jahren operativ gelebt und ständig weiterentwickelt. Dennoch stellen Globalisierung, der damit einhergehende zunehmende Kostendruck, sowie fortschreitende Entwicklungen in der Informationstechnologie weiter enorme Anforderungen an die Logistikkompetenz eines jeden Unternehmens. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der Entwicklung hin zu immer geringer werdenden Wertschöpfungsanteilen im Innland, welcher wiederum dazu führt, dass der Anteil der Logistikkosten in Relation zur Wertschöpfung stetig zunimmt. Dem Anspruch mehr zu sein als die Summe der betrieblichen Funktionen, kann ein Unternehmen nur mit einer optimal organisierten Logistik, als Bindeglied und funktionaler Schnittstelle zwischen internen Bereichen sowie extern zu Kunden und Lieferanten, gerecht werden. Erst durch die Verbindung und Kopplung mehrer Organe entsteht letztlich ein intelligenter, effizienter und anpassungsfähiger Organismus. Zudem sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass klassische meist historisch gewachsene organisatorische Ungleichgewichte zu nicht unerheblichen Störungen in der Logistikkette führen können. Innovative Unternehmen richten deshalb ihre internen Prozesse an den Anforderungen der Kunden, anstatt an denen der eigenen Produktion, des Controllings, oder gar der IT-Systeme aus.


Dominanzen einzelner Funktionen in der Logistikkette führen zu Störungn im Gesamtsystem

Viele Unternehmen stehen deshalb vor der Frage, wie in der Theorie bekannte und in anderen Unternehmen oftmals auch praxisbewährte effiziente Logistikkonzepte, Organisationsformen und technologische Entwicklungen, entsprechend den Marktanforderungen und der eigenen Unternehmensstrategie, in der Praxis umgesetzt werden können. Zwar sind dem Management die komplexen logistischen Zusammenhänge und die sich daraus ergebenden Abhängigkeiten in der Regel bekannt. Auf Grund der häufig anzutreffenden und bereits beschriebenen organisatorischen Fragmentierung der Logistik, wird diese jedoch selten ganzheitlich betrachtet und optimiert. Viele theoretische Konzepte helfen den betroffenen Unternehmen in der Praxis auch deshalb nicht weiter, weil diese oft von sehr abstrakten und idealistischen Voraussetzungen ausgehen, welche in der operativen Praxis in der Regel kaum anzutreffen sind und es darüber hinaus auch oftmals versäumen den Menschen als Teil des Prozesses mit einzubeziehen. Wenig hilfreich sind auch, meist von Beratungsunternehmen entwickelte Konzepte zur logistischen „Best Practice“, da jedes Unternehmen über individuelle Organisationsstrukturen, Produkte, Marktbedingungen, technologische Voraussetzungen und nicht zuletzt Mitarbeiter verfügt. Weil die logistischen Prozesse an eine Vielzahl von weiteren unternehmensspezifischen anderen Prozessen andocken und mit diesen interagieren, kann es in der Logistik letztlich keine unternehmens- oder gar branchenübergreifende „Best Practice“ geben, sofern nicht alle anderen Geschäftsprozesse ebenfalls demselben theoretischen Konzept angepasst werden.


Nur ein "rundes" Logistikrad kann störungsfrei funktionieren

Alle Versuche einem Unternehmen, quasi blind, standardisierte Prozesse und/oder Organisationsformen aus einem „Best-Practice“ Konzept „überzustülpen“ müssen deshalb zwangsläufig scheitern. Die Erfahrungen vieler Unternehmen mit der Einführung von SAP R/3 oder anderen Prozesssystemen bestätigen diese Einschätzung in der Praxis sehr anschaulich. Tatsächlich ist es vielmehr notwendig, dass jedes Unternehmen eine eigene Vision von logistischer „Best-Practice“ entwickelt und diese dann, unter Zusammenarbeit aller Funktionen, ganzheitlich umsetzt. Dies bietet auch den riesigen Vorteil einerseits modernste organisatorische und technologische Entwicklungen im Unternehmen abbilden zu können. Andererseits besteht die Möglichkeit diese individuell an die eigenen Bedürfnisse, Stärken, Schwächen und Strategien anpassen zu können. Kein Unternehmen wird in der Praxis ein Interesse daran haben können standardisierte und branchenkonforme Geschäftsprozesse und Organisationsformen unverändert zu übernehmen, da auf diese Weise eine wertvolle Möglichkeit verloren ginge sich vom Wettbewerb zu diversifizieren und auf diese Weise einen Vorteil zu erlangen.


Fehlende strategische Koordination führt zu Suboptimierungen und verfehlt Optimierungspotentiale

Im betrieblichen Alltag stellt sich jedoch die Frage, welche Funktion die notwendigen Organisations-, Koordinations- und Optimierungsaufgaben übernehmen soll, denn es gibt selten jemanden der entsprechende Aufgaben eigenverantwortlich, fachlich kompetent, neutral und mit den notwendigen Kapazitäten ausgestattet, übernehmen könnte. Einkauf oder Materialwirtschaft betrachten die Supply Chain üblicherweise mit einem starken Fokus auf die Beschaffungslogistik, während die Produktion bestrebt sein wird sämtliche logistischen Prozesse auf eine Optimierung der Produktionskennzahlen hin ausrichten. Der Vertrieb wiederum wird versuchen die Logistikkette den reinen Absatzinteressen unterzuordnen. Die IT als treibende Kraft für eine ganzheitliche Logistiksicht erscheint ebenfalls ungeeignet, da dort das operative und fachliche Grundlagenwissen meist nicht vorhanden ist und zudem rein technologische Ziele und Interessen im Vordergrund stehen. Eine Organisation als Projektteam empfiehlt sich ebenfalls nicht, da die logistische Optimierung ein kontinuierliches und dauerhaftes Thema ist, welches in letzter Konsequenz niemals abgeschlossen sein wird. Darüber hinaus kämpfen Projektteams in der Praxis häufig mit anderen konkurrierenden Projekten um Ressourcen und Managementunterstützung, sodass ein Projekt, neben vielen anderen Projekten im Unternehmen, selten dauerhaft das Niveau und den Rückhalt einer Fachabteilung erreicht. Insbesondere wenn zu einem späteren Zeitpunkt andere Themen auf der Tagesordnung stehen und diese mittelfristig stärker in den Fokus des Managements rücken.


Die ganzheitliche Betrachtung und Optimierung der Prozesskette sichert einen langfristigen Erfolg

Strategische Logistik als Managementfunktion

Eine Strategische Logistikabteilung kann diese, in vielen Unternehmen bestehende, organisatorische Lücke schließen und eine ganzheitliche Betrachtung und Optimierung der Logistik im gesamten Unternehmen, bereichs- und standortübergreifend, gewährleisten. Zusätzlich kann die Strategische Logistik, insbesondere in stark dezentralen Organisationsstrukturen, als einheitliches Sprachrohr der Logistik in Richtung Unternehmensleitung dienen. Umgekehrt kann sie der Unternehmensleitung helfen Strategien und Kennzahlenziele in die Logistikorganisation zu tragen und deren Umsetzung dann im weiteren Verlauf, im Auftrag der Unternehmensleitung, operativ begleiten. Hauptaufgabe der Strategischen Logistik ist es daher, in enger Zusammenarbeit mit angrenzenden Funktionen und Bereichen sowie sämtlichen Managementebenen, ein integriertes und individuell auf die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Unternehmens zugeschnittenes logistisches Gesamtsystem, quasi als strategischen Rahmen für die operative Logistik, zu entwickeln, dieses in der operativen Praxis zu etablieren und kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Im Rahmen dieses Auftrags wird es Aufgabe der Strategischen Logistik sein, zwischen den Interessen aller, möglicherweise von bevorstehenden Veränderungen betroffenen Abteilungen, Funktionen und Mitarbeiter neutral zu vermitteln, ohne jedoch dabei das Ziel eines effizienten und kostenoptimalen Gesamtsystems aus den Augen zu verlieren. Diese Vermittlungsfunktion sollte der Strategischen Logistik dabei deutlich leichter fallen als anderen möglicherweise operativ tätigen Funktionen und Bereichen, da sie Idealerweise selbst keine operativen Funktionen im Unternehmen innehat und somit organisationspolitisch weitgehend neutral agieren kann.


Aufgaben der Strategischen Logistik

Neben den beschriebenen rein strategischen Aufgaben, bieten sich für die Strategische Logistik eine Reihe weiterer Aufgaben an, welche ideal mit den strategischen Aufgaben kombiniert werden können. Bei der Definition weiterer Aufgabengebiete für die Strategische Logistik ist jedoch stets zu berücksichtigen, dass die organisatorische Neutralität der Abteilung nicht in Frage gestellt werden kann. Operative Aufgaben und Tätigkeiten im Rahmen der Tagesgeschäfte schließen sich somit von vornherein aus. Darüber hinaus sollte die Gruppe, bezüglich der Mitarbeiterzahl in Relation zur Unternehmensgröße, vergleichsweise klein gehalten werden, um eine flexible und effiziente Arbeitsweise innerhalb der Abteilung zu gewährleisten. In der Praxis mögliche weitere Aufgaben und Verantwortungsbereiche sind nachfolgend grob beschrieben.


Strategisches Logistikcontrolling

Die Verantwortung für das strategische Logistikcontrolling ist weniger eine "mögliche "zusätzliche Aufgabenoption als vielmehr eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche und arbeitsfähige Strategische Logistikabteilung. Um Optimierungen innerhalb der Logistikorganisation und an den Schnittstellen zu anderen Funktionen und Standorten, sowie externen Kunden und Lieferanten, erreichen zu können, ist es unerlässlich die Strategische Logistik mit den notwendigen "Sinnesorganen" in Form eines durchgängigen, funktionierenden und effizienten Logistikcontrolling auszustatten. Entwurf und Gestaltung eines entsprechenden Controllings können dabei durchaus eine der strategischen Hauptaufgaben in der Aufbauphase der Abteilung sein. Um Ineffizienzen und Doppelarbeit bereits im Vorfeld zu vermeiden sollte jedoch eine enge Abstimmung mit dem bestehenden Controlling stattfinden, da in letzter Konsequenz das Logistikcontrolling als Verantwortung vom klassischen Unternehmenscontrolling auf die Strategische Logistik übergehen sollte.

Bausteine eines integrierten Supply Network Controlling

Insbesondere sind die Verantwortlichkeiten für bestimmte Logistikkennzahlen, sowie deren konkrete Definition zwischen Strategischer Logistik und dem Unternehmenscontrolling abzustimmen. Erfahrungsgemäß zeigen sich bereits im Rahmen der ersten Abstimmung sehr unterschiedliche Sichtweisen und Schwerpunkte zwischen dem eher Finanz- und Bilanzdaten orientierten Unternehmenscontrolling und der am Gesamtprozess und -Optimum orientierten Strategischen Logistik. Mögliche Fehlinterpretationen von Kennzahlentwicklungen und Controllingdaten aus der Vergangenheit können oftmals bereits relativ schnell plausibel erklärt werden und der enorme Vorteil einer ganzheitlichen Prozessbetrachtung wird in den meisten Fällen bereits in der Anfangsphase sehr schnell transparent. Ein Logistikcontrolling, parallel zum bestehenden Unternehmenscontrolling, sollte hingegen allein aus Akzeptanz- und Effizienzgründen unbedingt vermieden werden und lediglich in einer Übergangsphase solange stattfinden, bis die Strategische Logistik über eigene ausreichend effiziente Controllingtools verfügt. Andernfalls würden im weiteren Verlauf kontinuierlich Kapazitäten im Abstimmungsprozess zwischen Logistik und dem Controlling gebunden, welche wiederum unnötig Kosten verursachen würden. Mittelfristig würden darüber hinaus dauerhafte Abweichungen von Controllingdaten zwischen beiden Abteilungen die Glaubwürdigkeit der neuen Abteilung im Management untergraben.


Logistisches Inhouse-Consulting

Eine sinnvolle mögliche Aufgabe der Strategischen Logistik ist eine logistische Inhouse-Consulting Funktion im Unternehmen. Diese ist ebenso naheliegend wie sinnvoll, da sich auf diese Weise die strategischen Gestaltungsaufgaben ideal mit den für eine erfolgreiche Arbeit notwendigen engen Kontakten zum operativen Tagesgeschäft verbinden lassen. Für die alltägliche Akzeptanz der Abteilung, wie auch zum Nutzen des gesamten Unternehmens, kann die Strategische Logistik auf diese Weise die operativen Logistikbereiche aktiv bei Optimierungen oder operativen Problemen im Rahmen von Projekten unterstützen.

Darüber hinaus stehen der Strategischen Logistik, im Rahmen dieser Variante, intern gleich die notwendigen Ressourcen zur Verfügung, um strategische Logistikkonzepte in der Umsetzungsphase in den operativen Bereichen aktiv begleiten zu können. Auf diese Weise kann eine weistestgehend hohe Qualität der praktischen Umsetzung sichergestellt und ein Feedback-Mechanismus installiert werden, welcher es ermöglicht kurzfristige Lerneffekte während der Projektumsetzungsphasen direkt in das strategische Fachkonzept mit einfließen zu lassen. Auch können entsprechende Synergien bezüglich der Mitarbeiterqualifikation innerhalb der Strategischen Logistik genutzt werden, da sowohl die strategischen Aufgaben, als auch das Logistik-Consulting ähnliche fachliche Qualifikationen und Persönlichkeitsmerkmale der Mitarbeiter voraussetzen. Konfliktpotential ist jedoch gegeben, wenn keine klare personelle Trennung zwischen strategischen und beratungsspezifischen Aufgaben erfolgt. Die praktische Erfahrung zeigt, dass strategische Themen und Aufgaben sehr schnell in den Hintergrund treten, wenn dieselben Mitarbeiter in operativen Optimierungsprojekten Troubleshooting betreiben müssen. Die strategischen Aufgaben würden mittelfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit an Priorität verlieren quasi im Tagesgeschäft "untergehen". In der Folge würde das eigentliche Ziel, strukturelle Veränderungen zu erreichen, mit möglicherweise verfehlt.


Strategisches Lieferantenmanagement (Logistikseitig)

Eine weitere sinnvolle Aufgabe der Strategischen Logistik im Unternehmen ist das strategische logistische Lieferantenmanagement. Logistisches Lieferantenmanagement hat die Aufgabe externe Lieferanten, bezüglich des logistischen Lieferservicegrads (Termin- und Mengentreue), bei auftretenden Defiziten über einen längeren Zeitraum aktiv zu entwickeln. Ziele sind dabei nicht in erster Linie die so genannten "Shared Benefits", welche zum beiderseitigen Vorteil zu Preissenkungen auf Seiten des Lieferanten genutzt werden können. Diese Aufgabe sollte weiterhin dem Einkauf zugeordnet bleiben. Primäres Ziel der logistischen Lieferantenentwicklung ist vielmehr eine Optimierung der Prozesse und Schnittstellen zwischen dem eigenem Unternehmen entsprechenden Lieferanten, im Rahmen der bestehenden und vom Einkauf vorgegebenen Rahmenbedingungen, zu erreichen. Erfahrungsgemäß verursachen Optimierungen der Logistikprozesse, beginnend mit den Informationsflüssen über die Materialflüsse bis hin zu Einstellungen in vorhandenen EDV-Planungssystemen, enorme Aufwände und erfordern darüber hinaus detailliertes logistisches Fachwissen. Aus diesem Grund werden logistische Interessen, im Rahmen der klassischen und vom Einkauf betriebenen Lieferantenentwicklung, allein aus Kapazitätsgründen oftmals nur bedingt vertreten. Sollte der logistische Lieferservicegrad einiger Lieferanten regelmäßig nicht den eigenen logistischen Anforderungen entsprechen, so stellt die Schaffung einer entsprechenden, der Strategischen Logistik zugeordneten, Gruppe von logistischen Lieferantenentwicklern eine sinnvolle Investition in eine nachhaltige Optimierung der Logistikkette dar. Grundvoraussetzung für eine effiziente Arbeitsweise ist selbstverständlich eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit Einkauf und Qualitätsmanagement, da beide Funktionen üblicherweise ebenfalls eine mehr oder weniger intensiv ausgeprägte Lieferantenentwicklung betreiben. Dabei hängt die operative Notwendigkeit einer aktiven logistischen Lieferantenentwicklung üblicherweise sehr stark von der Branche, sowie von der individuellen Stellung des jeweiligen Unternehmens im Markt ab. In bestimmten Handelsstrukturen beispielsweise ist eine aktive Lieferantenentwicklung seitens der Logistik nicht üblich, da Lieferanten schnell und ohne größeren Aufwand substituiert werden können.


Strategisches Lieferanten-management trägt langfristig zur Optimierung der Supply Chain bei

Die Zuordnung der logistischen Lieferantenentwicklung zur Strategischen Logistik kann sinnvoll sein, weil sie eine Reihe von Synergien ermöglicht und zusätzliche Möglichkeiten zur Logistikoptimierung eröffnet. Mitarbeiter, welche im Rahmen einer logistischen Lieferantenentwicklung bereits in engem Kontakt zu bestimmten Lieferanten stehen, können im Rahmen des gemeinsamen Optimierungsprozesses, relativ gezielt, weitergehende strategische Logistikkonzepte, wie beispielsweise die Umstellung der Anlieferung auf JIS/JIT, oder die Einrichtung von Konsignationslägern, mit dem Lieferanten verhandeln und diese anschließend schnell und unbürokratisch umsetzen. Grundsätzlich sollte immer berücksichtigt werden, dass die in vielen Branchen seit geraumer Zeit betriebene Reduzierung der Fertigungstiefe innerhalb einzelner Unternehmen in der Wertschöpfungskette, zu einem vergleichsweise hohen Anteil externer Lieferanten in der Gesamtwertschöpfungskette führt. In einigen Branchen, wie beispielsweise der Automobilindustrie, haben Zulieferer, aus Sicht eines Automobilherstellers, bereits einen Anteil an der gesamten Wertschöpfungskette von über 80%. Ein nachhaltiges und effizientes Lieferantenmanagement ist in vergleichbaren Strukturen, für ein reibungsloses Funktionieren der Supply Chain, unverzichtbar. Viele Automobilhersteller haben die enorme Bedeutung ihrer Lieferanten für eine gut funktionierende Logistikkette bereits sehr frühzeitig erkannt. Im DaimlerChrysler Werk in Wörth wurden aus diesem Grund beispielsweise sämtliche Funktionen mit Schnittstellen zu Lieferanten, wie Einbeispielsweise kauf, Qualität, Disposition und Beschaffungsplanung, sowie die Lieferantenentwicklung in einem Bereich "Lieferantenmanagement" zusammengefasst.

Sollten derartig tiefgreifende Organisationsänderungen nicht gewünscht werden, so stellt die organisatorische Verbindung von logistischer Lieferantenentwicklung und Strategischer Logistik eine sinnvolle und relativ einfach umzusetzende Alternative dar. Sollte es eine Abteilung "Supply Chain Management" im Unternehmen geben, so kann eine organisatorische Zuordnung des logistischen Lieferantenmanagement zu diesem Bereich ebenfalls eine sinnvolle Variante darstellen. Die größere Nähe zum operativen Tagesgeschäft böte bei diesem Szenario den Vorteil, dass ein sehr effizienter Regelkreislauf zwischen der operativen Planung und Steuerung und dem logistischen Lieferantenmanagement etabliert werden kann. Die Wirkung von lieferantenseitigen Entwicklungsmaßnahmen könnte sofort in der operativen Praxis verifiziert werden und die entsprechenden Maßnahmen ggf. im Detail angepasst werden. Auf der anderen Se3ite würde jedoch der direkte Link zwischen strategischer Logistikoptimierung und dem Lieferanten verloren gehen. Es ist deshalb wichtig, dass jedes Unternehmen entsprechende Ziele und Schwerpunkte definiert, um individuell die jeweils optimale Lösung bezüglich der logistischen Organisationsstruktur zu finden.

Strategisches Kundenmanagement (Logistikseitig)

Aufgabe der Strategischen Logistik ist die Gestaltung, Organisation und kontinuierliche Optimierung der bestehenden Logistikorganisation, sowie der logistischen Prozesskette anhand von strategischen Zielen und unternehmensindividuellen Anforderungen. Um diese Aufgabe optimal erfüllen zu können, ist es notwendig die aktuelle Logistikorganisation frühzeitig auf zukünftige Kunden- und Marktanforderungen bzw. -Veränderungen vorzubereiten und ggf. die Voraussetzungen zu schaffen, diese, zum eigenen Wettbewerbsvorteil, umzusetzen und optimal in die bestehende Prozesslandschaft zu integrieren. Deshalb sieht ein strategisches logistisches Kundenmanagement den regelmäßigen Kontakt mit operativen Logistikbereichen wichtiger Kunden vor, um frühzeitig entsprechende Anforderungen und geplante Veränderungen der Logistikprozesse erkennen zu können. Idealerweise werden Kundenanforderungen dabei nicht nur passiv zur Kenntnis genommen und umgesetzt. Vielmehr wäre es eine wichtige Aufgabe der Strategischen Logistik sich aktiv an entsprechenden Kundenprojekten zu beteiligen, um ggf. die logistischen Anforderungsänderung des Kunden beeinflussen und, entsprechend der eigenen optimalen Logistikprozesse, aktiv mit gestalten zu können.

Eine Vielzahl von Funktionen sind notwendig um optimale Arbeitsergebnisse zu erzielen

Dabei gilt in kaum einem anderen Bereich die goldene Regel, dass nur diejenigen Unternehmen, welche sich aktiv bereits in einer relativ frühen Phase Einfluss auf die Definition zukünftiger Kundenanforderungen nehmen, einen positiven finanziellen Nutzen aus den Veränderungen ziehen können. Nachfolgende Wettbewerber haben zu einem späteren Zeitpunkt meist kaum Chancen noch aktiv Einfluss auf die detaillierte Ausgestaltung entsprechender Kundenanforderungen zu nehmen, da diese bei entsprechender Marktmacht bestrebt sein werden standardisierte Schnittstellen zu ihren Lieferanten zu etablieren. Den "Nachzüglern" bleibt in der Praxis meist nichts anderes übrig, als indirekt die nicht optimal zu den eigenen internen Abläufen passenden Prozesse der aktiveren Wettbewerber zu übernehmen. Die Umsetzung entsprechender Anforderungen kann dabei für die betroffenen Unternehmen eine nicht unerhebliche Hürde darstellen, welche darüber hinaus risikobehaftet und in vielen Fällen mit hohen, im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit in der Regel nicht zu kompensierenden Investitionen, verbunden ist. In seltenen Fällen können entsprechende Anforderungen bei großer Marktmacht des Kunden einen langwierigen und kostspieligen Dominoeffekt organisatorischer und prozessbedingter Folgeaktivitäten im Unternehmen auslösen.
In der Praxis gibt es hingegen eine Reihe positiver Beispielen so genannter "Early Birds", denen es gelungen ist logistische Kundenanforderungen für einen strategischen Vorteil für das gesamte Unternehmen zu nutzen. Beispielhaft wäre ein Zulieferer welcher, vor dem Hintergrund der Anforderung eines Kunden nach einem Lieferantenkonsignationslager, anbietet dieses operativ selbst zu betreiben und auch Lieferungen anderer Lieferanten und Wettbewerber über das Lager abzuwickeln. Weitere Beispiele aus der Automobilindustrie sind Lieferanten, welche für geringes Entgelt und bei relativ hohem Risiko die Montage von Modulen für einen Hersteller übernehmen. Der strategische Vorteil für das Unternehmen ist hier der weitestgehend exklusive direkte Zugang als TIER 1 Supplier (Level 1 Lieferant) zum Hersteller, während anderen Lieferanten und Wettbewerbern der direkte Kontakt dagegen verwehrt bleibt.

Wie die praktischen Beispiele zeigen ist die Übernahme entsprechender Aufgaben durch die Strategische Logistik sinnvoll und sollten für einen nachhaltigen Erfolg der Funktion mittelfristig unbedingt angestrebt werden. Die Beantwortung der Frage, ob für die Wahrnehmung dieser Aufgabe zusätzliche Mitarbeiter notwendig sind, oder ob die strategischen Mitarbeiter diese Aufgaben parallel zu den anderen strategischen Aufgaben wahrnehmen können, hängt weitestgehend von der individuellen Anzahl wichtiger Kunden ab. Sollten in einem Unternehmen keine signifikant herausragenden Kunden mit entsprechender Marktstellung vorhanden sein, so bietet es sich an regelmäßigen Kontakt zu ausgewählten repräsentativen Kunden zu pflegen. Für Unternehmen der Konsumgüterindustrie stellt ein strategisches logistisches Kundenmanagement dagegen keine sinnvolle Option dar. Hier sollten entsprechende Kundenwünsche und Anforderungen weiterhin im Rahmen von Messen und Kundenumfragen vom verantwortlichen Marketing oder entsprechenden Vertriebsmitarbeitern ermittelt werden.


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